Honda an der Auto Zürich 2021

Dass die Auto Zürich Car Show in alter Frische zurück ist, kann man so nicht sagen. Das neue Konzept soll umweltfreundlicher sein und das Auto mehr in den Mittelpunkt rücken. Das ist wohl nur die halbe Wahrheit. Statt bunte Stände und pompös inszenierte Premieren wurde den Besucherinnen und Besuchern schlichtes Schwarz-Weiss und rechtwinklig angeordnete Autos geboten. Diese Parkhaus-Atmosphäre war wohl eher Corona geschuldet. Im November 2020 wurde die Auto Zürich erst auf April 2021 verschoben und schliesslich ganz gestrichen. Dass der Veranstalter im nach wie vor unsicheren Umfeld nicht mit der grossen Kelle anrührt ist also verständlich.



Die Besucherrekorde der vergangenen Jahre konnten zwar nicht erreicht werden. 50'000 Besucher in vier Tagen Mitten in einer Pandemie sind doch sehr respektabel. Die 35. Ausgabe der Auto Zürich bestätigt: Das Auto ist nicht tot!



Im Mittelpunkt der diesjährigen Automesse stand klar das Elektroauto. Gleich 16 EV-Fahrzeuge verschiedener Marken standen für eine Testfahrt bereit. Die Zeiten in denen Tesla alleine auf weiter Flur stand sind definitiv vorbei. Alle Mitbewerber haben mittlerweile mehr oder weniger attraktive Stromer im Angebot. Tendenz: Steigend.

Honda und Elektro

Als Honda im März 2019 angekündigt hat die Modellpalette bis 2025 auf E-Mobilität umzustellen war das für viele erst einmal ein Schock. Mittlerweile wissen wir, dass Honda damit meint, dass in jeder Modellreihe mindestens ein elektrifiziertes Modell angeboten werden soll. Angesichts der in den letzten Jahren stark geschrumpften Modellpalette ist diese Ankündigung kaum mehr als die Umsetzung der CO2-Vorgaben der EU. Das Problem am Ganzen ist, dass elektrifiziert eben nicht elektrisch ist. Seit dem CR-V Hybrid wissen wir, dass Honda bei seiner «Offensive» auf das neue Hybrid-System setzt. So gross der Fortschritt zum alten System auch ist, es bleibt die Frage ob das reicht? Verpasst Honda gerade den Elektro-Trend?

Honda e

Man ist geneigt zu sagen: Nein. Honda hat mit dem Honda e kurz nach der Ankündigung der Umstellung auf E-Mobilität an der Geneva International Motor Show GIMS 2019 einen vollelektrischen Kleinwagen vorgestellt. Damals war das Angebot an solchen Fahrzeugen noch sehr überschaubar. Auch an der Auto Zürich 2021 spielte der Honda e eine wichtige Rolle. Das Retro-Design war dann auch eine willkommene Abwechslung zu all den SciFi-Elektroautos in den Messehallen in Oerlikon. Warum soll ein Elektroauto auch immer aussehen wie bei Tron (dem richtigen Tron von 1982 natürlich) oder den Jetsons? Ein Preis ab 35'000 Franken ist für den elektrischen Retro-Flitzer aber dann doch sehr selbstbewusst. Und da ist die Honda e-Prämie von 5'000 Franken schon eingerechnet.



Dazu kommt, dass die 35.5 kWh grosse Batterie nicht gerade üppig bemessen ist. Da kann Honda noch so lange betonen, dass der durchschnittliche Autofahrer im Schnitt 40 Kilometer im Tag fährt und der Akku ruck, zuck wieder bei 80% ist. Die Reichweite ist aber nun einmal das Thema Nummer Eins, das Käufer davon abhält auf ein Elektroauto umzusteigen. Zum Vergleich: Ein Fiat 500e kostet gut 5'000 weniger. Der Italiener hat jedoch dank grösserer Batterie (42 kWh) und geringerem Verbrauch (14 kWh statt 17.8 kWh auf 100 Kilometer nach WLPT-Norm) die 100 Kilometer mehr Reichweite, die man sich für ein verlängertes Wochenende wünscht.

Honda und Hybrid

Honda setzt also auf die Hybrid-Technologie. Wer die alten IMA Hondas kennt (Integrated Motor Assist), muss von der neuen e:HEV-Technologie begeistert sein. Statt dass der Elektromotor den Benziner unterstützt ist es nun umgekehrt. Der Elektromotor ist der Primärantrieb und wird von Verbrenner unterstützt. Das sorgt dafür, dass die neue Hybrid-Generation untenrum wie ein Stromer zu fahren ist. Natürlich fällt das Laden weg, die Akkus werden durch die Rückgewinnung der Bremsenergie und den Benzinmotor geladen.



Dieser Vorteil ist gleichzeitig auch ein Nachteil. Erstens müssen beide Antriebseinheiten «mitgeschleppt» werden. Zweitens sind die Wartungskosten höher als bei einem reinen Stromer, da der Benzinmotor wie bisher gewartet werden muss. Der Verbrauch ist in der Stadt tiefer als beim reinen Verbrenner. Auf der Autobahn hingegen fallen die Verbrauchsunterschiede weniger ins Gewicht. Auch bei 4.5 Liter Verbrauch kostet das Benzin immer noch das Doppelte von dem, was der Strom beim Elektrofahrzeug kostet. Der Hybridantrieb mag in Japan eine Erfolgsgeschichte sein, in Europa hat er sich nie durchgesetzt. Daran wird wohl auch die neue Technologie von Honda nichts ändern.

Der neue Honda HR-V

Nichtsdestotrotz setzt Honda auf Hybrid. Nach dem CR-V und dem Jazz folgt nun mit dem neuen HR-V der dritte Honda e:HEV. Die dritte Generation des Honda HR-V feierte an der Auto Zürich ihre Schweizer-Premiere.



Nachdem manch einer bei der Vorstellung von dem Design – gelinde gesagt – überrascht war, muss man sagen, dass der neue HR-V in echt dann doch gut aussieht. Des Kompakt-SUV wirkt grösser als der Vorgänger und gleichzeitig flacher. Die hohe Gürtellinie und die abfallende C-Säule unterstreichen den coupéartigen Auftritt und lassen den HR-V bullig erscheinen.



Der Innenraum fühlt sich nicht mehr so luftig an wie beim Vorgänger. Der Platz ist jedoch in beiden Sitzreihen grosszügig bemessen. Das moderne aufgeräumte Cockpit überzeugt. Das grosse Zentraldisplay mit der neusten Generation des Honda-Infotainment ist ein Quantensprung gegenüber dem veralteten System im Vorgänger. Enttäuschend hingegen ist der Laderaum. Zwar sind die Magic-Seats weiterhin an Bord, der Kofferraum ist im Vergleich zum Vorgänger aber fast schon winzig.



Mit der Top-Ausführung «Advance Style» beweist Honda Mut. Hellgraue Sitze und Cockpitverkleidungen, orange Elemente innen und aussen und eine Zweiton-Lackierung. Natürlich ist Stil immer Geschmacksache. Die Frage ist, ob Honda sich tatsächlich soviel «Mut» leisten kann. Natürlich ist es gut, wenn man sich als Lifestyle-Marke positionieren will. Ob das Style-Paket tatsächlich Lifestyle versprüht darf aber bezweifelt werden. Das Problem dabei ist, dass man wie schon beim HR-V Turbo keine Wahl hat. Entweder kauft man das Top-Modell mit dem «mutigen» Interieur oder muss eine schlechter ausgestattete günstigere Variante wählen.




Die ersten Fahreindrücke sind schwierig einzuordnen. Verglichen mit dem 182 PS-starken turbogeladenen Vorgänger ist der neue HR-V natürlich eher schwach auf der Brust. Wenn man allerdings den alten 1.5 Liter Sauger zum Vergleich heranzieht, ist der Hybrid vor allem untenrum deutlich agiler. Verglichen mit dem aktuellen Jazz, mit welchem der neue HR-V den Antrieb teilt, wirkt das Kompakt-SUV trotz 20 PS mehr Leistung nicht ganz so spritzig. Die 100 Kilogramm Mehrgewicht gegenüber dem Jazz sind gut spürbar.



Honda macht zwar keine Angaben zu Problemen mit den Lieferketten. Dennoch dürften die aktuellen Engpässe auch für Honda ein Thema sein. Wer den HR-V bereits bestellt hat, kann mit einer Auslieferung im April rechnen. Für Neubestellungen beträgt die erwartete Auslieferung Mitte Jahr. Ursprünglich war die Auslieferung auf Herbst 2021 angekündigt.


Honda an der Auto Zürich 2021

Honda vermochte an der diesjährigen Ausgabe der Auto Zürich nicht vollends zu überzeugen. Das hatte auch damit zu tun, dass die sportlichen Aushängeschilder fehlten. Den NSX gibt es nicht mehr und der neue Civic Type R kommt nicht vor 2023. Mit dem in die Jahre gekommenen CR-V (der Nachfolger kommt nächstes Jahr in den USA und 2023 in Europa) und dem Jazz ist es schwer Emotionen zu wecken. Der Honda e vermochte es die Emotionen der Honda-Nostalgiker zu wecken, aber die Stars unter den Elektrofahrzeugen waren in der Limmatstadt dieses Jahr andere. So blieb die Präsentation des neuen Honda HR-V das einzig wirkliche Highlight der diesjährigen Auto Zürich aus Honda-Sicht. Wobei, die meisten Emotionen weckte ein Honda, abseits des offiziellen Honda-Standes. Das letzte in der Schweiz erhältliche Exemplar des Honda NSX wurde von einem Felgenhändler ein Stockwerk höher präsentiert.




Text/Fotos: Sam Mira